urartäische Kunst

urartäische Kunst
ur|artäische Kunst,
 
die Kunst des Reiches Urartu vom 9. Jahrhundert bis Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. Charakteristisch für die Region um den Vansee und Erewan sind die Reste der auf hohen Felsen gelegenen urartäischen Burgen aus exakt behauenen Steinquadern (die größten bis 6 m lang). Zu jeder gehörte einst eine befestigte Unterstadt. Die Festungen dienten auch als Fluchtburgen für die in den Tälern und an den terrassierten Hängen Landwirtschaft betreibende Bevölkerung (Wein-, Getreide-, Ölbaumanbau, Rinderzucht). Der Fels, auf dem die Festung von Tuschpa (Van) lag, enthält Felsgräber mit mehreren Kammern, der Bewässerungskanal (8. Jahrhundert v. Chr.) der alten Hauptstadt ist weitgehend erhalten. In den Zitadellen sind oft auch in Fels eingelassene Magazine und Zisternen erhalten. In Rusahinili (Toprakkale) und Sardurihinili (Çavuştepe) südöstlich von Van fanden ebenso Ausgrabungen statt wie in den beiden Zitadellen im Süden von Erewan oder in der von Argischtihinili (heute Armawir), die das Gebiet westlich von Erewan sichern sollte.
 
In der Baukunst gingen die Urartäer auch in der Palast- (mit Säulenhalle) und Tempelbauweise (so genannter Susi-Tempel, quadratischer Einraumtempel) im Vergleich zu den Nachbarländern eigene Wege. Das Mauerwerk über dem Steinsockel bestand aus Lehmziegeln. Die Wände der Gebäude waren mit Wandmalereien (z. B. in Altɪntepe), mit Orthostaten (z. B. Relief des Haldi von der Burg von Adɪlcevas nördlich des Vansees) oder mit Bronzeschilden (Treibarbeiten) verkleidet. Neben Steinreliefs (auf den Orthostaten) gab es auch reliefierte Stelen mit Götterbildern.
 
In der Bildkunst besteht die angenommene Abhängigkeit von der assyrischen Kunst oft nur vordergründig. Deutlich ist die gestalterische Tendenz zur Abstraktion, Stilisierung und Reduktion auf das Wesentliche. Besondere Bedeutung erlangte die Bronzekunst (gegossene und getriebene Arbeiten). Die Dreifußkessel mit Tierprotomen wurden bis nach Etrurien gehandelt. Es sind ferner groß- und kleinformatige Rundplastiken von Gottheiten, Tieren und Mischwesen erhalten, Möbelbeschläge, Dolche, Weih- und Votivgaben, Gefäße und Geräte, besonders für Pferd und Wagen, sowie Gürtel (zahlreiche Grabfunde). Häufige Motive sind der Hauptgott Haldi (Chaldi), der Gott Teischeba (Tejscheba, Tescheba), weibliche Gottheiten, Mischwesen sowie den Lebensbaum flankierende Genien. Stempelsiegel und eine kombinierte Form des Roll- und Stempelsiegels bezeugen eine eigenständige Siegelkunst. In der Keramik ist eine rot polierte (auch schwarz oder grau polierte) Ware typisch.
 
 
M. N. van Loon: Die Kunst von Urartu, in: Der alte Orient, hg. v. W. Orthmann (1975);
 B. B. Pjotrowski: Urartu (a. d. Russ., Neuausg. 1980);
 E. Bauer-Manndorf: Das frühe Armenien (Wien 1984);
 
Das Reich Urartu. Ein altoriental. Staat im 1. Jt. v. Chr., hg. v. V. Haas (1986);
 H.-J. Kellner: Gürtelbleche aus Urartu (1991);
 R.-B. Wartke: Urartu, das Reich am Ararat (1993);
 M. Salvini: Gesch. u. Kultur der Urartäer (1995).

Universal-Lexikon. 2012.

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